Geld für einen Neubau hatte die Pfarrgemeinde aber auch nicht

[2019-09-09]

Die Älteren unter uns erinnern sich noch an die alte Kirche, die von Kriegsgefangenen des 1. Weltkrieges gebaut und nach Hallein übertragen worden war. „Notkirche“ nannte man sie. Bereits beim Bau des Pfarrhauses 1934 wurde ein Neubau mitgeplant, der aber aus Geldmangel nicht verwirklicht werden konnte. Daher wurde die Notkirche repariert, bis Baufachleute sagten, das hat keinen Sinn mehr. Geld für einen Neubau hatte die Pfarrgemeinde aber auch 1960 nicht. Deshalb verweigerte der evang. Oberkirchenrat zunächst die Zustimmung. Pfarrer Max Pätzold – schon fast blind – und einige Gemeindevertreter, die sich zu einem Bauausschuss zusammengeschlossen hatten, ließen sich aber von ihrem Plan nicht abbringen.

Damals wurden bei uns viele neue evangelische Kirchen gebaut, was vor allem durch großzügige Unterstützungen unserer Gustav-Adolf Partnervereine in Deutschland möglich war. Für Salzburg und Tirol war das der Verein in Hessen- Nassau mit seinem Vorsitzenden Pfr. Zipp, der sich außerordentlich für unser Kirchbauprojekt eingesetzt hat. Dazu kam eine große Subvention der Stadt Hallein und viele Einzelspenden, sodass man mit der Planung beginnen konnte. Christian Galsterer, wenig später Kurator unserer Pfarrgemeinde, schlug den Architekten Jakob Adlhart vor, der kurz zuvor den Turm der röm.-kath. Stadtpfarrkirche entworfen hatte. Architekt Adlhart lud den Bauausschuss zu einer Besichtigungsfahrt zu modernen Kirchen in Bayern ein, was gar nicht gut ankam. Dennoch hat sich Galsterer mit dem Wunsch nach einer modernen Kirche durchgesetzt.

Architekt Adlhart plante außen den Betonbau, der an die Industriearchitektur Halleins angelehnt ist. Der Innenraum soll Geborgenheit vermitteln, abgeschirmt von der Außenwelt, deshalb die warmen Klinkerziegel und die Anordnung der Bänke um das Zentrum der Glaubensverkündigung: Taufbecken, Altar und Kanzel.

Diese drei waren ursprünglich aus Adneter Marmor angefertigt und starr auf dem Podest, das die Mitte noch mehr herausheben soll, positioniert. Das hat sich so nicht bewährt. Ich vermute, dass unser Bauausschuss das Podest akzeptiert hat, weil damals der knieende Abendmahlsempfang häufig üblich war  und mit Pölstern hätte man das Podest dazu nützen können. Die Bauausführung hatte die Baufirma DI.Lindner übernommen.

Einiges konnte von Gemeindegliedern selbst gemacht werden, besonders die Kupferlampen, Hahn und Kreuz auf dem Kirchturm von Siegfried Möbius.


Bei der Kirchweihe und meiner Amtseinführung am 18. Oktober 1969 wurde durchaus Kritik am Neubau laut. So meinte Superintendent Emil Sturm, der die Segnung vornahm, dass man statt des mächtigen Kirchturms einen großen Gemeindesaal hätte bauen können. So unrecht hatte er nicht, denn an Glocken war angesichts der großen Schulden überhaupt nicht zu denken und das, was damals als „Gemeindesaal“ zur Verfügung stand, war ein kleiner Raum im Pfarrhaus, sodass wir oft die Kirche als Gemeindesaal nutzen mussten.
Unser überaus engagierter Musiker Fritz Hlawa wollte sich dennoch nicht mit dem uralten Harmonium zufriedengeben. Daher veranstaltete er mit seinem Familienquartett musikalische Abende in der Kirche. So konnte wenigstens eine elektronische Orgel angeschafft werden. Diese Konzertabende bewirkten, dass wir die Kirche auch für kulturelle Veranstaltungen zur Verfügung stellen wollten. Damit erreichten wir auch, dass viele Menschen unsere Kirche kennenlernten und ihre Scheu vor den Evangelischen überwanden.


1972 schuf Jakob Adlhart die Figur des gekreuzigten, die Gemeinde segnenden Christus. Auf ein Holzkreuz haben wir verzichtet, da es nicht zum Deckenbalken gepasst hätte.

Um unseren Kirchturm dennoch zu nützen, versuchten wir zuerst, ausgemusterte Stahlglocken aus Deutschland zu bekommen. Eine kleine Glocke hat man uns tatsächlich geschenkt. Christian Galsterer wollte das 50- Jahr Jubiläum der Pfarrgemeinde 1975 mit einer Glockenweihe krönen. Daher veranlasste er mich den Ball der Stadt Hallein zu besuchen. Zu vorgerückter Stunde setzten wir uns an den Tisch des Bürgermeisters Brandauer und des Generaldirektors der Papierfabrik Dr. Vogel. Der Bürgermeister sagte auf unser Ansinnen hin sehr schnell: „Ich zahl‘ die Mittlere“. Daraufhin war der Herr Generaldirektor bereit, die Große zu übernehmen. Um das Geläute großzügigabzurunden spendete die Familie Cappelen eine weitere Glocke. Später habenwir dann die Stahlglocke durch eine Bronzglocke ausgetauscht. Alle Glocken stammen von der Fa. Grassmayr in Innsbruck. Zum 50-Jahr Jubiläum 1975 konnten wir mit einem mehrtägigen Gemeindefestund einem riesigen Festzug die Glockenweihe feiern.

Nun fehlte noch eine richtige Orgel. Da unsere Kirche wegen der Gottesdienste im Pongau meist nur 14-tägig benützt wurde und dementspechend im Winter auskühlte, um dann rasch geheizt zu werden, lehnten die ersten Orgelbaufirmen, die wir kontaktierten, ab. Ihre Orgeln würden diese Temperaturwechsel nicht aushalten. Marion Cappelen vermittelte uns dann die Firma Walker, die uns die für unsere Kirche geeignete Orgel gebaut hat. Sehr viele haben dafür gespendet und so konnten wir 1978 die Orgelweihe feiern.

Wolfgang Del-Negro