Makarionissi

[22.04.2025]

(Ein unterhaltsamer Roman, in dem man sehr viel über Griechenland, aber noch mehr über die Schwierigkeiten der Menschen, zu sich selbst zu finden, erfährt.)

Die junge österreichische Schriftstellerin Vea Kaiser hat mittlerweile einige lesenswerte Romane vorgelegt, die häufig das Thema Familie und die zwischenmenschlichen Verstrickungen, aber auch kulturellen Besonderheiten rund um dieses Thema in humorvoller und dennoch tiefgründiger Weise aufgreifen.

Über das Thema Familie zu schreiben bedingt letztlich immer auch, über die Menschen zu schreiben, aus denen Familien nun einmal bestehen und die dieses gesellschaftliche Konstrukt prägen. Das wiederum bedingt dann, sich mit dem Leben dieser Menschen auseinanderzusetzen und damit, wie Familie sich auf das Leben derer auswirkt, die dazugehören – aussuchen kann man sich Familie ja bekanntlich nicht.

In dem Roman Makarionissi gelingt Vea Kaiser eine stimmige Zusammenführung von Begebenheiten der jüngeren griechischen Geschichte mit den individuellen Schicksalen der Mitglieder einer griechischen Familie über mehrere Generationen hinweg.

Mittelpunkt der Erzählung sind der griechische Junge Lefti und seine etwas jüngere Cousine Eleni. Beide wachsen in einem griechischen Bergdorf an der albanischen Grenze auf und werden schon in jungen Jahren einander versprochen. Das ist im damaligen Griechenland, vor allem in den ländlichen Gebieten, eine ganz normale Sache, und Lefti hinterfragt es auch nicht und wäre bereit, dem vorgegebenen Lauf der Dinge zu folgen.

Nicht so aber Eleni, von klein auf eine Revoluzzerin. Für sie kommt das gar nicht in Frage – obwohl sie sich mit Lefti immer bestens verstanden hat. Doch durch die politischen Wirren der Junta-Diktatur in Griechenland gerät Eleni ins Visier der Staatsgewalt und so ist es letzten Endes ihre einzige Chance, die Ehe mit Lefti einzugehen, um mit ihm ins Ausland flüchten zu können. Dort angekommen, trennen sich ihre Wege allerdings schnell, und während Lefti versucht, angepasst und unauffällig sein Leben zu leben, lässt Eleni kaum etwas aus. Ihr Leben ist zunächst ein permanentes Schwimmen gegen den Strom… bis die Realität sie irgendwann einholt und dazu zwingt, ihr Leben neu zu ordnen.

Aber auch dann kann sie nicht ganz aus ihrer Haut und rettet ihre unkonventionelle Lebensweise zumindest in Teilen immer wieder in ihr neues Leben hinüber. Dennoch muss sie mit der Zeit feststellen, dass so manches, wogegen sie stets rebellierte, sich unaufhaltsam in ihr eigenes Leben einzuschleichen beginnt.

Und so gerät die zweite Lebenshälfte Elenis zu einem inneren Persönlichkeitskonflikt, der durchaus hohen Wiedererkennungswert für das Lesepublikum von Makarionissi hat, wenn es darum geht, wie wir alle uns immer wieder im Leben zwischen Ideal und Wirklichkeit dahinmanövrieren.

Wenn dann am Ende des Romans die zwei Extrempole Lefti und Eleni wieder aufeinandertreffen, so tun sie das vor dem Hintergrund eines langen Lebens, in dem jeder der beiden viel über sich selbst lernen durfte… und musste.

Ein Happy-End ist dieses Zusammentreffen nicht, jedenfalls nicht im Sinne eines oberflächlichen Liebesromans (und das ist Makarionissi auch keinesfalls). Aber ein wenig Happy-End im Sinne eines humorvollen Entwicklungsromans mit Tiefgang ist in jedem Fall vorhanden.

Hartmut Schwaiger

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