Sonntagsgruß zum 29. Jänner 2023

[27.01.2023]

Letzter Sonntag nach Epiphanias

Liebe Freunde und Mitglieder unserer Pfarrgemeinde!

„Die Welt könnte so schön sein, aber …!“ Wem von Euch drängt sich da nicht auch prompt das ‚Bindewort‘ aber auf‚ das einen Einwand zum Ausdruck bringt‘? Es gibt so vieles, was unser Wohlbefinden trübt.

Uns Menschen in Mittel- und Westeuropa geht es zwar materiell so gut wie noch keiner Generation vorher. Aber es gibt zu viele, die davon nicht profitieren, die zu kurz kommen und dadurch schwer unter körperlichen oder seelischen Gebrechen leiden.

Wir genießen in unserm Teil der Welt zwar Religionsfreiheit und können unseren christlichen Glauben uneingeschränkt bekennen und leben. Aber immer weniger Menschen nützen diese Chance…

Und wenn wir Politik und Wirtschaft betrachten: Nehmen dann nicht erst recht die aber überhand? Muss man als Realist nicht schwarz sehen für unsere Welt und Gesellschaft? Hier trifft doch der erste Teilvers des neuen Wochenspruchs aus Jesaja 60,2 umfassend zu: „Denn siehe, Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker!

Die Worte in Jesaja 60 blicken auf eine düstere Zeit. Obwohl – man sollte vielmehr sagen: ‚Jesaja 60 blickt über eine düstere Zeit hinaus.‘ Hier wird frohe Botschaft, Evangelium verkündet, denn im direkten Versverlauf spricht Gott selbst dieses ‚Einwand ausdrückende Bindewort‘: „… aber über dir geht auf der HERR; und seine Herrlichkeit erscheint über dir!“ Israels Hauptstadt war doch zum Trümmerhaufen geworden. Große Teile des Volkes Israel schmachteten im babylonischen Exil. Die Geschichte Gottes mit seinem Volk schien endgültig zu Ende. Doch mit SEINEM ABER lässt Gott die resignierenden, hoffnungslosen Israeliten aus ihren dunklen Gedanken herausrufen. Ist das nicht ein bisschen wie die Umschreibung eines Sonnenaufgangs: Gott selber geht auf wie die Sonne, über alle denkbaren Grenzen hinweg.

Man könnte das als ‚Zweckoptimismus‘ abtun, aber man kann Gottes Zusage auch im ‚Glauben‘ in Anspruch nehmen. Mir gefällt in diesem Zusammenhang ein Zitat des Dichters Tagore richtig gut: „Glaube ist der Vogel, der singt, solange die Nacht noch dunkel ist.“ Diese Art von Glauben, als Haltung, wünsch ich mir und wünsch ich dir – all unserem wenn und aber zum Trotz.

trotzig-glaubend
Pfarrer Jens-Daniel Mauer
(inspiriert von Pfarrer Daniel Eschbach)