[2020-04-17]
Sonntag Quasimodogeniti
Liebe Mitglieder unserer Halleiner Pfarrgemeinde! Ihr Lieben!
Herzlich grüße ich euch zum 1.Sonntag nach Ostern mit dem Namen Quasimodogeniti, das heißt übersetzt „wie die neugeborenen Kinder“. Durch die Auferweckung Jesu Christi bin ich neu geworden, mir ist das Leben noch einmal geschenkt worden – so wie es ein Baby nach der Geburt erlebt: Nach dem mühsamen Weg durch den Geburtskanal erblickt es das Licht dieser Welt. Ebenso leuchtet der helle Strahl von Gottes Liebe in das dunkle Grab in Jerusalem, in meine Traurigkeit, Verzweiflung oder Ungeduld und schenkt mir neues Leben – auch mitten in schwierigen, ungewissen Zeiten. Für dieses Neuwerden, für die zweite Geburt, die durch Jesu Auferweckung mir zu Teil wird, steht die christliche Taufe. In der Taufe erfahre ich die Zusage: Gott liebt dich! Für dieses Geschenk muss ich nichts tun oder gar meine Schuld bekennen. In der Taufe wird der Name Gottes auf mich gelegt und ich gehöre zur weltweiten Gemeinschaften derer, die auf Gott vertrauen. Früher wurden an diesem „weißen“ Sonntag Menschen getauft oder kamen mit ihrem weißen Taufkleid von der Taufen an Ostern in den Gottesdienst – heute können wir uns an unsere Taufe erinnern, indem wir uns bewusst ein Kreuz mit Wasser auf unsere Stirn oder Hand zeichnen oder dies gegenseitig in der Familie tun und uns dabei zusagen: Du bist Gottes geliebtes Kind!
Vom neuen Leben, von der Kraft, die Gott mir schenken will, handelt auch der vorgesehene Predigttext für diesen Sonntag aus dem Propheten Jesaja (Jes. 40,27-31) – ausgesprochen passend für einen Sonntag in der Coronazeit:
„Warum sprichst du denn, Jakob, und du, Israel, sagst: »Mein Weg ist dem HERRN verbor-gen, und mein Recht geht an meinem Gott vorüber«? Weißt du nicht? Hast du nicht gehört? Der HERR, der ewige Gott, der die Enden der Erde geschaffen hat, wird nicht müde noch matt, sein Verstand ist unausforschlich. Er gibt dem Müden Kraft und Stärke genug dem Unvermögenden. Jünglinge werden müde und matt, und Männer straucheln und fallen; aber die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.“
Jesaja bestärkt mein manchmal schwankendes Gottvertrauen, trifft mitten hinein in meine Fragen und Zweifel. Doch und trotz allem: Gott ist da und steht mir bei! Gott gibt mir neue Kraft, auch wenn ich mich müde und ausgelaugt fühle, Gott verleiht mir Flügel, damit ich „abheben“ kann. Denn aus der Vogelperspektive sehe ich weiter und anders, als wenn ich mitten drin stecke, nur auf die Probleme rund um mich herum schaue. Wie werden wir im Herbst oder im kommenden Jahr auf diese Corona-Zeit schauen? Was wird sich in unserem Leben verändert haben? Was wird mir als persönlicher Gewinn bleiben? Gott will mir schon jetzt Kraft für diesen neuen Blick geben. Ja, das meint Gottvertrauen: nicht nur im Hier und Jetzt steckenbleiben, sondern mit den Augen Gottes auf mich, mein Leben, auf diese Welt schauen. Und gewiss sein: nicht ein Virus, sondern Gott hält diese Welt in der Hand, Er ist der Herr – nicht die Virologen oder Politikerinnen. So zu leben und zu glauben – das meint Auferstehung, das ist das neue Leben, das sich am Ostermorgen gezeigt hat, dieses Leben, das stärker ist als der Tod. Dieses Leben, das mich aufstehen und tanzen, dass mich dem Tod ins Gesicht lachen lässt – auch wenn Gott mich irgendwann zu sich ruft.
So „frech“ von der Auferstehung singt ein neues Osterlied (aus dem neuen Ergänzungsge-sangbuch), das ich gerne mit euch am Ostersonntag gesungen hätte… Aber Ostern ist ja immer – sobald wir wieder Gottesdienste feiern dürfen, werde ich es mit euch einüben:
- Wir stehen im Morgen. Aus Gott ein Schein durchblitzt alle Gräber. Es bricht ein Stein. Erstanden ist Christus. Ein Tanz setzt ein. Halleluja, halleluja, halleluja, es bricht ein Stein. Halleluja, halleluja, halleluja, ein Tanz setzt ein.
- Ein Tanz, der um Erde und Sonne kreist: Der Reigen des Christus, voll Kraft und Geist. Ein Tanz, der uns alle dem Tod entreißt. Halleluja, halleluja, halleluja, es bricht ein Stein. Halleluja, halleluja, halleluja, ein Tanz setzt ein.
- An Ostern, o Tod, war das Weltgericht. Wir lachen dir frei in dein Angesicht. Wir lachen dich an – du bedrohst uns nicht. Halleluja…
- Wir folgen dem Christus, der mit uns zieht, stehn auf, wo der Tod und sein Werk geschieht, im Aufstand erklingt unser Osterlied. Halleluja…
- Am Ende durchziehn wir, von Angst befreit, die düstere Pforte, zum Tanz bereit. Du selbst gibst uns, Christus, das Festgeleit. Halleluja…
Ja, lasst uns tanzen und Halleluja singen! Denn mit der Auferweckung Jesu hat der Tod seine Macht verloren. Das gibt mir Kraft aufzustehen gegen die Mächte des Todes. Das tröstet mich im Blick auf das Sterben eines geliebten Menschen und meines eigenen leib-lichen Todes. Denn Jesus Christus ist bei mir – jetzt und immer.
Das lässt mich ausharren und in Geduld üben, dass lässt mich auf Gott harren, also sehn-süchtig und mit Erwartung auf Gott, auf seine Liebe, seine Herrschaft warten. Das macht mir Mut, wieder neu hinzuhören auf Gottes Wort, auf Gott und was er mir sagen will. Das weist mich darauf hin, dass wir uns untereinander immer wieder ermutigen: Hast du nicht gehört, was Gott dir zusagt, dass Gott dich liebt?
So lade ich euch an diesem Sonntag ein, euch in der Zusage der Liebe Gottes zu bestärken, euch gegenseitig ein Kreuz auf Stirn oder Hand zu zeichnen, wenn es euch ein Bedürfnis, miteinander Brot und Wein oder Saft zu teilen und daheim das Jesusmahl zu feiern und miteinander dieses Fürbittengebet zu sprechen:
Wunderbarer Gott, Quelle des Lebens, du überwindest den Tod und wir leben. Wir bitten dich für alle, die gegen die Mächte des Todes in dieser Welt ankämpfen. Wir bitten für die Träumer, für die Gewaltlosen, für die Mahner u. Propheten. Ihren Worte verschaffe Gehör, ihren Hoffnungen gib du Bestand, ihrer Liebe gib du Kraft. Denn du überwindest den Tod und bist das Leben! Barmherziger Gott, Maßstab der Gerechtigkeit, du befreist und rettest deine Schöpfung und wir leben. Wir bitten dich für alle, denen die Würde geraubt wird. Wir bitten für die Hungernden, für die falsch Beschuldigten u. Gedemütigten, für die in Ängsten und die, denen Heimat und Hoffnung verloren ging. Ihre Feinde besiege. Ihren Hunger stille. Ihr Recht beschütze. Bei dir ist die Gerechtigkeit und auf dich hoffen wir. Amen!
So grüße ich euch alle ganz herzlich – wieder mit einem Segen von Iris Haidvogel,
Euer Peter
Möge der Stein, den Gott weggerollt hat, der Eckstein deiner Hoffnung sein.
Möge der Stein, den Jesus nicht geworfen hat, dir zeigen, dass seine Liebe größer ist als all unsere Urteile.
Möge der Stein dir vom Herzen fallen, der dich gerade beschwert.
Lass ihn doch fallen, jetzt, für einen kurzen Moment, spür die Erleichterung, tief in dir.
Da hinein, wo dieser Stein sonst wohnt in deinem schweren Herzen, da möge Gott heute seinen leichten Segen legen.
Damit du aufstehen kannst zu einem neuen Leben.
Amen!
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