[06.10.2023]
18. Sonntag nach Trinitatis, 8. Oktober 2023
Liebe Mitglieder unserer Halleiner Pfarrgemeinde!

Es ist ein schöner Brauch, dass Taufpaten und weitere Familienangehörige einem Kind gute Wünsche mit auf den Weg geben, wenn es getauft wird. Ich bin ja bei Taufen immer wieder als Musiker dabei, und so höre ich diesen Wünschen aufmerksam zu und denke ein wenig darüber nach, während ich mit meinem Akkordeon gerade nichts zu tun habe.
Oft ist davon die Rede, dass wir dem Kind wünschen, dass es selbstbewusst und mutig sein Leben gestaltet, gesund bleibt, gute Freundinnen und Freunde hat, seine Wünsche in Erfüllung gehen und glücklich heranwachsen darf.
Ja, denke ich mir dann, während ich so an meinem Akkordeon sitze und auf den nächsten Einsatz warte: Ja, das sind wirklich gute Wünsche. Aber wünschen wir das nicht jedem Kind? Braucht es dazu eine Taufe? Oder anders gefragt: Wofür braucht es den christlichen Glauben, wenn das ohnehin für jedes Kind gilt, egal ob es zur Kirche gehört oder nicht?
Der Unterschied kann, denke ich, nur einer sein: Die Beziehung zu Gott. Und die wiederum hängt ganz eng mit der Beziehung zu den Menschen zusammen. Der Wochenspruch für die kommende Woche aus dem 1. Johannesbrief formuliert das so:
Dies Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder (und seine Schwester) liebe. (1. Johannes 4,21)
Das Geheimnis ist also die Liebe. Vielleicht liegt uns die umgekehrte Gedankenrichtung näher: Wer sich von Gott geliebt weiß, der wird auch fähig, seine Mitmenschen zu lieben. Denn zu spüren, ich bin gewollt, so wie ich bin, mit meinen Stärken, aber auch meinen Schwächen, das lässt mich auch großherzig werden gegenüber meinen Mitmenschen, mit ihren Stärken und ihren Schwächen.
Der Verfasser des 1. Johannesbriefes spitzt das aber noch ein wenig zu: Es gibt gar keine Liebe zu Gott ohne die Liebe zu unseren Schwestern und Brüdern. Und das ist deswegen so, weil Gott sich in Jesus Christus ein für allemal an die Menschen gebunden hat.
Wenn das das Besondere am christlichen Glauben ist: Wie könnten dann wohl Wünsche an einen Täufling aussehen?
Peter Pröglhöf