[13.12.2023]
Perspektivwechsel
Liebe Freunde und Mitglieder unserer Pfarrgemeinde!
Es ist gut, in den wechselnden Situationen des Lebens – ob Leid ob Freud – helfende Ansprechpersonen aufzusuchen: Familienangehörige, gute Freunde, Seelsorgende, Ärzte, Therapeutinnen, Anwälte. Wenn uns etwas belastet oder mit Freude erfüllt, haben wir meist das Bedürfnis, es mitzuteilen und gegebenenfalls um Hilfe zu bitten. Menschen meines Vertrauens erweisen dann ihren unschätzbaren Wert.
Ärzte, Therapeuten und Anwälte haben ihre Sprechstunden, auch Seelsorgende sind manchmal nicht ad hoc erreichbar. Angehörigen und beste Freunde können mir nicht immer und überall beistehen. Mein Gott aber kann uneingeschränkt für mich da sein! Es gibt keine Zeit und keinen Ort, wo ich mich nicht betend an ihn wenden könnte, mit Worten oder auch einfach in zielgerichteten Gedanken.
Der Jakobusbrief empfiehlt uns in allen Lebenssituationen diesen Austausch mit dem Erfinder des Lebens: „Leidet jemand, der bete; ist jemand guten Mutes, der singe Psalmen.“ (Jak 5,13) Als leidenschaftliche Empfehlung schließt das Gebet weitere menschliche Gesprächspartner nicht aus, sondern ein. Wer betet, zieht doch bei körperlichen Beschwerden ebenso einen Arzt oder andere Helfende zu Rate? Hier gibt es kein „entweder – oder“. Oft gebraucht Gott andere Menschen, mit ihren gottgegebenen Begabungen, um mir zu helfen. Er sollte deshalb aber auch nicht zum „Lückenbüßer“ gemacht werden: ‚An den wende ich mich erst, wenn andere nicht zur Verfügung stehen oder mit ihren Möglichkeiten am Ende sind.‘
Für uns, die wir mit Gottes Geist eng verbunden leben, sollte doch ER der erste Gesprächspartner sein? Grade weil Menschen in ihren Möglichkeiten zu helfen begrenzt sind. Unser Herr hat übermenschliche Macht bewiesen! Auch wenn er meist durch Menschen und irdische Mittel handelt, ist der Himmlische letztlich nicht darauf angewiesen – das glaub‘ ich echt! Auch wenn seine Hilfe nicht immer meinen eigenen Vorstellungen und Wünschen entspricht oder gar auf sich warten lässt (soll tatsächlich vorkommen): Schon im Prozess des Betens und Vertrauens passiert etwas „Heilendes“ – ich mag es „Perspektivwechsel“ nennen.
„Ist jemand guten Mutes, der singe Psalmen“, schreibt Jakobus. Die Bitte im Leid macht mir Mut. Ich schaue über unser menschliches Vermögen hinaus und Gottes Möglichkeiten werden mir neu bewusst. Und: Ich werde wachsam dafür und neugierig darauf! Die Psalmen der Bibel sind gute Beispiele für gesungene Gebete. Leid und Freud gehen hier Hand in Hand, nicht selten bedingen sie sich. Sollte es bei uns Nachfolgern anders sein? Ganz nebenbei bewirkt Singen bekanntlich stets guten Mut.
Im Volksmund sagt man: „Not lehrt beten!“
Lasst uns daneben stellen: „Beten umspannt alle meine Lebenssituationen!!“
Pfarrer Jens-Daniel Mauer