[25.03.2025]
Premiere nach 34 Jahren Fastenaktion: Gleich drei Referentinnen und Referenten beschäftigten sich bei ihren Vorträgen rund um das Thema „Es ist immer zu wenig“. Ob das tatsächlich so ist und ob das eher eine subjektive denn objektive Beurteilung ist, das heraus zu bekommen war u.a. Ziel der Referierenden an diesem Abend. Nachzugehen war auch der Frage, ob man dem Ziel Armut zu bekämpfen und diese nicht nur zu verwalten schon näher gekommen ist.
Armut bekämpfen oder verwalten?

Die Armutsbekämpfung ist ein komplexes und vielschichtiges Thema, das eine breite Palette von Maßnahmen und Akteuren erfordert. Durch die Vernetzung und Kooperation verschiedener Stakeholder können die Herausforderungen besser gemeistert werden. Einige Beispiele zeigen, dass es durchaus möglich ist, positive Veränderungen zu erzielen, wenn man die individuellen Bedürfnisse der Betroffenen berücksichtigt und eine langfristige Perspektive einnimmt.
Armut ist ein komplexes Phänomen, das sich nicht allein durch finanzielle Defizite definieren lässt. Es umfasst auch soziale, psychologische und kulturelle Dimensionen. Armut bedeutet, dass Menschen nicht in der Lage sind, ein Leben in Würde zu führen, grundlegende Bedürfnisse zu befriedigen und Teil der Gesellschaft zu sein. Dies kann sich in mangelndem Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung, angemessener Wohnraum und sozialen Netzwerken äußern.
Verwaltung von Armut
- Bürokratische Hürden: Die Verwaltung von Armutsbekämpfung ist oft von komplexen bürokratischen Prozessen geprägt, die die Zugänglichkeit von Hilfsleistungen erschweren.
- Ressourcenknappheit: Finanzielle und personelle Ressourcen sind begrenzt, was die Effizienz und Reichweite von Maßnahmen einschränkt.
- Standardisierte Ansätze: Die Verwaltung tendiert zu standardisierten Lösungen, die die individuellen Bedürfnisse der Betroffenen nicht immer adäquat berücksichtigen.
Bekämpfung von Armut
- Partizipation der Betroffenen: Die Betroffenen sollten aktiv in die Planung und Umsetzung von Maßnahmen einbezogen werden, um ihre Motivation und Verantwortung zu stärken.
- Langfristige Perspektive: Es geht nicht nur um kurzfristige Notlösungen, sondern um nachhaltige Veränderungen, die die Lebensbedingungen dauerhaft verbessern
- Individuelle Unterstützung: Die Bekämpfung von Armut erfordert maßgeschneiderte Ansätze, die die spezifischen Bedürfnisse und Lebensumstände der Betroffenen berücksichtigen.
Zu den Referierenden des Abends
Dr.in Edda Böhm-Ingram ist die Diakoniebeauftragte der evangelischen Pfarrgemeinde, DALETE-Mitarbeiterin, Gleichstellungsbeauftragte der Kirche A. u. H.B. Österreich und hatte vormals die Bereichsleitung für Soziale Arbeit der Caritas Salzburg als Verantwortliche
PLUS: Vorbereitungsunterlage Dr.in Edda Böhm-Ingram (pdf-Format)
Torsten Bichler, BA,MA ist als Mitarbeiter der Caritas Salzburgder Bereichsleiter für Soziale Arbeit, Beschäftigung & Solidarität. Weiters ist er im Vorstand der Salzburger Armutskonferenz sowie stv. Landessprecher des österr. Berufsverbandes der Sozialen Arbeit
PLUS: Vorbereitungsunterlagen Torsten Bichler, BA,MA
Mag.a (FH) Dr.in rer. soc. Angela Bayer ist Sozialarbeiterin in der Gruppe Soziales an der Bezirkshauptmannschaft Hallein. Ihr Studium führte sie an die Fachhochschule Puch-Urstein „Soziale Arbeit“, ihr Doktorat an die Universität Innsbruck in den Bereich Sozial- und Wirtschaftswissenschaften
PLUS: Vorbereitungsunterlage Mag.a (FH) Dr.in rer. soc. Angela Bayer

Wie schon bei den beiden ersten Abenden bieten wir allen Interessierten die Möglichkeit, die Vorträge als Tonaufnahme anzuhören und so – wer nicht persönlich kommen konnte – an diesem Abend „indirekt“ dabei zu sein.
Der ganze Vortrag zum Nachhören
Armut ist weder Schicksal noch einfache Ungerechtigkeit.
Es ist ein Ergebnis unserer Entscheidungen und Handlungen.
Deshalb haben wir die Macht, sie zu bekämpfen und eine gerechtere Welt aufzubauen.
(Ban Ki-moon)
Schreibwerkstatt zum Thema Armut
Passend zum Thema „Armut“ der diesjährigen Fastenaktion haben wir Autoren aus der Schreibwerkstatt der Zeitung Apropos eingeladen, einen Beitrag aus ihrer Sicht, sozusagen „aus erster Hand“, zu schreiben. Sie werden daher an dieser Stelle die nächsten 5 Wochen jeweils einen solchen Beitrag lesen können.
Es gab viele Tiefen, manche Höhen –
Arm habe ich mich aber nie gefühlt
Georg Aigner
Georg Aigner blickt auf sein Leben zurück: Die Kindheit war hart, der Alkohol ein früher Freund und Begleiter. Das hat sich alles zum Guten verändert, weil er, Georg, sich veränderte. Heute will er besonders jungen Leuten von seinem Lebensweg erzählen. Niemals aufgeben, ist sein Credo.
Von Anfang an war ich in meiner Familie immer das schwarze Schaf. Kaum wollte ich etwas sagen oder wissen, bekam ich eine Watsche. Blöd geredet haben sie auch immer. Mit zehn lernte ich das Rauchen, mit zwölf begann ich, Alkohol zu trinken, seither taten mir die Watschen nicht mehr so weh. Als ich vierzehn war, begann ich eine Lehre als Metzger. Das ging leider schief, weil ich die Schule nicht schaffte. Danach arbeitete ich bis zu meinem 25. Lebensjahr als Holzknecht. In diesen Jahren trank ich immer mehr und mehr, schließlich landete ich in Salzburg auf der Straße. Mein Lebensabschnitt als Obdachloser begann, er sollte fast fünf Jahre dauern.
Dann lernte ich eine Frau kennen. Sie traf sich jeden Tag mit mir und fragte mich nach drei Wochen, ob ich bei ihr schlafen möchte. Ich sagte „Ja“. Das war für mich nicht einfach, denn man kann das Wohnen wirklich auch verlernen. Ich schlief bei ihr in der Nacht und am Tag war ich am Bahnhof.
Im August 1999 haben mich zwei Leute überredet, bei einem Raubüberfall mitzumachen. Wir wurden erwischt und ich bekam sieben Jahre Haft in der Grazer Karlau, die ich bis zur letzten Minute absaß. Die Frau, die mich damals bei sich schlafen ließ, kam alle drei Monate zu mir auf Besuch. Nach sieben Jahren heiraten wir im Schloss Mirabell. Seitdem arbeiten wir bei der Straßenzeitung Apropos. Meine Sozialen Stadtführungen mache ich seit Sommer 2017.
Ich habe immer Freude damit, wenn Jugendliche ab vierzehn kommen, die genau zuhören: Wie kommt man, wenn man auf der Straße lebt, wieder ins Leben rein, zurück? Arm habe ich mich nie gefühlt. Ich verkaufe die Straßenzeitung und mache die Sozialen Stadtführungen, weil ich etwas aus meinem Leben weitergeben kann, was Menschen helfen könnte.
Evelyne Aigner
Sie hat ihre Spielsucht überwunden, denn der Traum vom schnellen Geld wurde schnell zum Albtraum. Es gelang ihr aber, sich von der Spielsucht zu befreien. „Hätte ich das nicht geschafft, wäre ich richtig arm gewesen“, sagt sie im Rückblick.
Ich habe im Jahr 2000 einen Mann kennengelernt, der an Automaten spielte und dort viel Geld gewann. Das fand ich toll, ich wollte auch so wie er schnell gewinnen. Es dauerte nicht so lange, da entwickelte sich bei mir eine Sucht. Ich gewann und verlor: Dieser Kreislauf wiederholte sich. Hatte ich verloren, glaubte ich, dass nun eine Glückssträhne folgen würde. Aber dem war nicht so.
In dieser Zeit spielte Geld eine große Rolle in meinem Leben, nicht um es für schöne Dinge auszugeben, sondern um damit zu spielen. Das Ganze dauerte Jahre und man sagte mir auch, dass ich für immer spielsüchtig bleiben würde. Später, als mein Mann bei mir war, redete ich endlich über mein Problem: Wir überlegten gemeinsam, wie wir das Problem lösen könnten.
Am Anfang redeten wir jeden Tag darüber und ich durfte einmal im Monat spielen. Mit der Zeit ging ich immer weniger spielen, unser gemeinsamer Weg war also richtig. Es dauerte ca. fünf Jahre, bis ich nicht mehr in Spiellokale ging und ich es endlich geschafft hatte, die Sucht zu besiegen.
Mein Mann sagte, belohne dich – und das tue ich auch heute noch. Ich bin froh darüber, dass ich die Hilfe angenommen habe, die mir mein Mann gab. Ich wäre richtig arm gewesen, wenn es immer so weitergegangen wäre. Heute bin ich zufrieden und glücklich, dass ich „normal“ meinen Alltag leben kann.