Gruß zum Karfreitag

[2020-04-09]

Liebe Mitglieder unserer Halleiner Pfarrgemeinde! Ihr Lieben!

Gut erinnere ich mich noch an meinen ersten Karfreitag in Österreich im Jahr 1992: Ich war schockiert! Denn das Leben pulsierte wie an jedem normalen Werktag: Verkehr, Staus, volle Geschäfte… Aus Deutschland kannte ich nur Karfreitage, an denen das öffentliche Leben still stand. Heuer wird es wieder ein sehr ruhiger Tag werden, obwohl im vergangenen Jahr der Handel argumentierte, an einem so umsatzstarken Tag können die Geschäfte nicht ge-schlossen sein… Auf Grund der Corona-Krise gab es jetzt den „gestohlenen Feiertag“ vielfach zurück…

Ja, gerade in diesen Tagen haben wir alle sehr deutlich gespürt, worum es am Karfreitag, am „Klage-Freitag“ geht, nämlich „wie verletzlich der Mensch ist“ – so Bischof Michael Chalupka. Unerwartete Lebenseinschränkungen, wirtschaftliche, ja existenzielle Sorgen, das Zerplatzen von Träumen und Plänen und eben auch der Tod gehören zu unserem Leben. Nur zu gern würde ich verdrängen, wie verwundbar die menschliche Existenz ist, dass der Tod ins Leben hineinragt. Also einfach den Karfreitag mit Konsumrausch oder Urlaub „zudecken“ – heuer geht das nicht!

Aber als Christ starre ich nicht nur auf die Zahl der Verstorbenen, auf Leid und Elend auf der ganzen Welt, sondern ich schaue auch auf das Leiden von Jesus Christus, sein qualvolles Sterben am Kreuz – und finde darin Trost und Stärkung. Denn als Christ bin ich mir sicher: Gott schickt uns Menschen nicht das Leid – gar als Strafe oder Prüfung, sondern Gott ist solidarisch mit uns! In seinem Sohn Jesus Christus leidet er mit uns und auch stellvertretend für uns. Er ist ein sym-pathischer Gott!

In den Wochen der Krise haben wir neu gespürt: Wie wir angewiesen sind auf Menschen, die einen klaren Kopf bewahren und vernünftige Entscheidungen treffen, auf Menschen, die Kranke pflegen, Verstorbene beerdigen und die Grundversorgung der Bevölkerung aufrecht erhalten. Wie wichtig ganz besonders jetzt Familie und Freunde sind, die mir das Gefühl geben: ich bin nicht allein! Das Leid, Karfreitag – also alles andere als eine „Privatsache“… Als Christ trägt mich gerade in diesen Wochen das Vertrauen, Gott gibt mir und uns Kraft für den Weg durch die Krise, er steht uns bei und meint es gut mit uns!

Denn der Tod Jesu Christi auf Golgatha ist mir zugute geschehen! Gott hebt die Trennung zwischen uns Menschen und sich auf, er überbrückt den Sund, die Sünde. Auch wenn ich mich von Gott abwende, wir als Gesellschaft meinen, einen Feiertag oder gar Gott nicht nötig zu haben, Gott wendet sich mir dennoch zu, immer wieder, er spricht „das Wort von der Versöhnung“  und bittet uns: „Lasst euch versöhnen mit Gott!“ (2.Kor. 5,19-20).

Ja, Gott darf ich hinlegen, was mich belastet, meine Sorgen und Ängste, darf alles ihm ans Kreuz legen. Denn am Kreuz von Golgatha, am Grab am Ostermorgen, am Tisch des Herrn wird die liebevolle Zuwendung Gottes deutlich und spürbar. Ein Text von Tobias Petzoldt unter dem Titel „Tisch des Herrn“ beschreibt das so:

„Er hat uns alle an einen Tisch gebracht, unter den nichts fallen kann, von dem nichts gefegt und über den niemand gezogen wird. Er hat uns alle an seinen Tisch gebracht, damit vom Tisch kommt, was uns trennt und wir reinen Tisch mach können – mit ihm und mit uns.“

So wünsche ich euch allen einen guten, gesegneten Feiertag, viel Kraft und Gottes Segen,

Euer Peter