Sonntagsgruß für 03.05.2020

[28.04.2020]

Sonntag Jubilate

Liebe Mitglieder unserer Halleiner Pfarrgemeinde! Ihr Lieben!

„Jubilate“ ist der Name dieses Sonntags, also auf Deutsch „Jubelt!“ oder wie es im Psalm 66 heißt:„Jauchzet Gott, alle Lande!“

Jubeln, Gott loben – das passt in diese nachösterliche Zeit, das passt zur Freude über die Auferstehung Jesu Christi, den Sieg des Lebens und der Liebe über die Mächte des Todes. Das passt zu meiner Stimmung, dass es nach dem 15. Mai wieder gemeinsame Gottesdienste geben darf – und auch wird! Auch wenn derzeit noch unklar ist, wie genau es ablaufen kann, ob wir zwei Gottesdienste hintereinander oder im Freien, oder gar noch einem am Samstagabend feiern werden – ich freue mich sehr, wieder gemeinsam mit anderen zusammen Gott zu loben, zu beten und auf Gottes Wort zu hören! Ich freue mich auf die Gemeinschaft mit euch – wenn auch mit Mundschutz und Abstand. Und ich bin mir sicher: Gott kommt uns ganz nahe, nimmt uns in den Arm, reicht uns die Hand – auch und gerade in Corona-Zeiten!

Um die Gemeinschaft mit Gott und untereinander geht es auch im Predigttext für diesen Sonntag aus dem Johannesevangelium:

„Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater der Weingärtner. Eine jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, nimmt er weg; und eine jede, die Frucht bringt, reinigt er, dass sie mehr Frucht bringe. Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe. Bleibt in  mir und ich in euch. Wie die Rebe keine Frucht bringen kann aus sich selbst, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht an mir bleibt. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.“  (Johannes 15,1-5)

Wie so oft verwendet Jesus ein Bild aus der Natur, aus dem Arbeitsalltag der Menschen seiner Zeit, um etwas über das Verhältnis von Gott zu uns Menschen auszusagen. Ein Winzer schneidet immer wieder Triebe und Reben weg, um den Ertrag zu steigern. Die ganze Kraft soll in die guten Reben gehen, damit sie wachsen, gedeihen und gute Frucht bringen. Gott geht es also auch um eine gute und reiche Ernte, darum, dass möglichst viele gute Trauben reifen.

Foto: pixabay.com

Gott als Weingärtner – dieses Bild kennen alle Zuhörer*innen von Jesus aus dem Propheten Jesaja (Jes. 5,1-7). Gott sorgt und kümmert sich voller Liebe um seinen Weinberg, um sein Volk Israel, doch die Ernte ist schlecht, die Menschen leben und handeln nicht nach Gottes Maßstäben. Das göttliche Recht wird gebrochen und missachtet – wie z.B. die Einhaltung des Ruhetages, das Sorgen für die Armen, Witwen und Waisen oder der regelmäßige Schuldenerlass. Anstatt dass jede*r respektiert wird, Raum und Möglichkeit zu einem guten Leben hat (das nennt die Bibel Gerechtigkeit), bereichern sich einige und machen sich lustig über die Boten und Propheten Gottes.

In der frühen christlichen Gemeinde vertraute man: durch die Taufe sind wir ganz besonders mit Jesus verbunden, sind neu geworden. Von Gottes Liebe umgeben und erfüllt leben und handeln Christenmenschen in liebevoller Weise und entsprechen damit der Liebe Gottes.

Diese Gewissheit drückt sich im biblischen Wort für diesen Sonntag und die neue Woche aus: „Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden.“(2.Korinther 5,17) Diese ganz enge Verbindung der Gläubigen mit Jesus Christus beschreibt auch der Predigttext: Gott kümmert sich nicht nur von außen um seinen Weinberg, sondern er wird selbst ein Teil des Weinbergs, indem sein Sohn Jesus Christus nun der Weinstock ist. Fast weihnachtlich könnte ich sagen: In Jesus geht Gott ein ins Menschsein, wird ein Mensch.

Jesus nimmt auf sich die menschliche Natur, die gegen Gott und seine Gebote aufbegehrt, die lieber den eigenen Weg sucht – und reinigt und verändert sie dadurch. Er ist der neue, der gottgemäße Mensch. Und wir als Getaufte, als mit Christus verbundene sind es auch!

Doch – bald mussten auch die Christ*innen die Erfahrung machen, „das Alte“, Neid, Geiz, Habgier, Hass und Gewalt gibt es auch bei den Getauften noch. Das Neu-Werden ist nur „halb gelungen“. Auch die Christ*innen gehen in der Freiheit, die Gott ihnen schenkt, immer noch eigene Wege – ohne Gott.

Deshalb ermahnt Jesus: Bleibt in mir, mit mir verbunden, bleibt an mir hängen. Haltet euch fest an meinem Wort, an meiner Rede und an mir als dem einen Wort Gottes.

Das macht mir neu deutlich: zu einem Leben in Liebe und nach den Vorstellungen Gottes (in den Vaterunser-Bitten sind sie in Kurzform zusammen gefasst!) brauche ich Energie und Anstoß von außen, sowie immer wieder die lebendige Beziehung zu Jesus Christus und zu Gott. Ich selbst bin nicht so stark und gut, sondern brauche Unterstützung und Hilfe. So wie Kinder ihre Eltern brauchen, um erwachsen zu werden, wie ich meinen Lebenspartner oder Ehepartnerin brauche oder auch Freund*innen, um mich korrigieren zu lassen, neue Anstöße zu bekommen, so brauche ich als Christ*in immer wieder die Rückbindung an Jesus.

Beides ist dabei wichtig: die Aufforderung, mit Jesus verbunden zu bleiben, und zugleich die Einsicht: der Lebens- und Liebessaft fließt doch ganz von selbst aus dem Weinstock in die Reben, ja ich brauche es einfach in mich einströmen zu lassen.

Aber es geht nicht nur um mich als Individuum, um mein Heil als Christenmensch. Die Rebe am Weinstock besteht aus vielen Trauben – von denen ich nur eine bin. So redet Jesus nicht zu mir als einzelnem Christen, sondern zu uns als Gemeinschaft der auf Gott Vertrauenden.

Ich brauche die anderen Trauben, die Gemeinschaft in und an der Rebe, die ja als ganze am Weinstock hängt. Erst dadurch weiß ich mich in der Liebe Gottes aufgehoben und bekomme Kraft, als Christ*in im Sinne Gottes zu leben.

Denn: nicht nur ich als einzelne Traube bin mit Jesus verbunden, sondern wir als Rebe, als christliche Gemeinde hängen an ihm, unserem Herrn. Mit Gott und Jesus verbunden bleiben, kann ich nur als Teil der Gemeinschaft der Glaubenden. Die wird erfahrbar im Gottesdienst und anderen Veranstaltungen, aber auch daheim in der Familie, in der Gemeinschaft über Briefe, Telefonate oder Telekommunikation. Sie zeigt sich im Zusammensein mit anderen Christ*innen, im gemeinsamen Gebet und natürlich am Tisch des Herrn.

Deshalb freue ich mich, wenn bald wieder mehr von dieser Gemeinschaft auch real möglich sein wird. Doch auch in den vergangenen Wochen habe ich mich aufgehoben und getragen gefühlt – umgeben von vielen guten Trauben, eingebettet in die Rebe unserer Halleiner Gemeinde, als eine Rebe neben anderen der weltweiten Christenheit, die alle an Jesus Christus hängen. Ich bin dankbar, Teil der Gemeinde Gottes zu sein – Grund zum Jubel!

Euch allen ganz viel Segen Gottes, einen guten Sonntag und herzliche Grüße,

Euer Peter

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