Krise… Resilienz-Training?

[07.10.2021]

Krisen fungieren wie Brenngläser: fokussierend, vorführend, polarisierend. Sie haben das Potential zu zerstören oder zu stärken, sowohl Menschen als auch Gesellschaften

Wie resilient ist eigentlich unsere Gesellschaft?

Unter Resilienz wird die Fähigkeit verstanden, an Widerständen nicht zu zerbrechen. Resiliente Menschen können an Krisen aber auch wachsen.
Was zeichnet nun eine resiliente Gesellschaft aus? Resilienzforscher und Theologe Martin Schneider zählt auf:

  • das Ernstnehmen von Gefahren
  • eine angemessene Vorbereitung darauf
  • Anpassung an die neue Realität.
    Covid-19 haben wir, gemessen an obigen Fakten, bisher doch ganz gut gemeistert. Unsere Gesellschaft wurde gefordert, ist aber nicht zerbrochen. Der nächsten Pandemie, sie kommt gewiss, können wir durch mehr Wissen und Erfahrung gestärkter entgegentreten. D. h. Krisen könnte man als eine Form der Immunisierung sehen, sofern Gesellschaften Lernfähigkeit beweisen und sich auf eine „neue Normalität“ einlassen.

Wie ist es um den einzelnen Menschen im Krisenfall bestellt?

Warum steckt die/der eine Arbeitslosigkeit, Ehekrise, Ängste usw. besser weg als die/der andere? Resilienz kann zu einem kleinen Teil „ererbt“ werden. Aber zum ganz großen Prozentsatz lässt sich Resilienz erlernen. Sie ist ein lebenslanger Prozess, keine statische Eigenschaft, kein Zustand, sondern ein Entwicklungsergebnis. Zu einer gestärkten Resilienz können also auch Krisen beitragen, sofern sie so genützt werden.

Als Leitlinie für gelingende Entwicklung werden in der Literatur die Säulen der Resilienz benannt:

Optimismus – Lösungsorientiertheit – das Verlassen der Opferrolle – das Übernehmen der Verantwortung für das eigene Leben – neue Netzwerke aufbauen – die Zukunft planen und neu gestalten.

Das Leben hat Ähnlichkeiten mit einem Marathonlauf. Es gibt Momente im Leben, da ist es echt anstrengend. Da benötigt man Durchhaltevermögen. Marathonläufer üben das ein, um gut ans Ziel zu gelangen.

Wie wirkt sich der Glaube auf die Resilienz aus?

Lassen wir nochmals Resilienzforscher Martin Schneider zu Wort kommen: „Resilienz ist mehr als Selbstoptimierung und Krisenresistenz. Resilienz meint nicht Unverletzlichkeit, sondern das Glück gelingenden Lebens inmitten aller Verwundungen und Unvollkommenheiten. Fest steht, dass der Glaube Resilienz fördert. Gottvertrauen wird als Schlüssel für Krisenbewältigung verstanden und als Kraft erfahren, um Schweres durchzustehen. Weil wir uns von Gott getragen fühlen, können wir gelassener mit der Situation umgehen.“ Genau das bestätigt Dietrich Bonhoeffer, evang. Theologe und NS-Widerstandskämpfer, ein großes Vorbild in Sachen Resilienz, in seinem wohl bekanntesten Gedicht (verfasst 1944 in der Gestapo-Haft):

Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiß an jedem neuen Tag.

Helga Schinninger, Beauftragte für Entwicklungszusammenarbeit