Sonntagsgruß zum 27. März 2022 (Laetare)

[25.03.2022]

Liebe Mitglieder und Freund*innen unserer Halleiner Pfarrgemeinde!

Ich bin ein großer Fan von André Hellers TV-Gesprächsreihe „Menschenkinder“. Menschen werden portraitiert, indem sie in etwa 45 Minuten lang von sich erzählen. In diesem Format geben Persönlichkeiten der österreichischen Hautevolee intime Einblicke in ihr Privatleben. Bekannte Gesichter, wie etwa Sepp Forcher, Armin Wolf, Helga Rabl-Stadler oder Marcel Hirscher erzählten ihre Lebensgeschichten. Mitte Februar war Josef Hader an der Reihe.

Josef Hader muss man eigentlich nicht näher erklären. Ein Kabarettist, der in Wien als Straßenkünstler begonnen hat und sich auf die großen Bühnen im deutschsprachigen Raum hochgespielt hat. Wo Hader auftritt, ist das Veranstaltungshaus voll. Im Menschenkinder-Portrait beginnt Hader damit, von seiner Herkunft zu sprechen. Interessant ist, dass er mit seiner Glaubensgeschichte beginnt. Seinen kindlichen Glauben habe er aber recht bald verloren. Er sei draufgekommen, dass dieses Mysterium im Endeffekt nichts anderes sei als Schauspielerei. Besonders prägend war seine Erfahrung, als er seinem Priester die Hände während der Messe nicht mit Wasser wusch, sondern mit dem Abendmahlswein. Diese Ministrantenerfahrung war aber nicht der einzige Auslöser seiner Glaubenszweifel. Viel mehr war es der Gedanke, dass man den Leib und das Blut eines unglücklich Verstorbenen im Angedenken verzehre. Diese Praxis würde eher zu einem Naturbrauch der Aborigines in Australien passen denn in ein logisch-fundiertes Wertesystem, so Hader.

Haders Gedanken zur Abendmahlsfeier habe ich schon vielerorts gehört. Und diese Gedanken treiben nicht nur glaubensferne Menschen an, sondern spuken auch in den Köpfen so mancher Christenmenschen herum. Ein grausamer Tod kann nicht für etwas Gutes herhalten. Diese Argumentation wird dem Christentum seit seiner Entstehung entgegengehalten. Ich kann das Unverständnis nachfühlen, aber nur bedingt. Letztlich begründet sich das Hadern an der christlichen Logik an der Gretchenfrage, ob nun der Tod das endgültige Ende sei oder eben nicht. Für Menschen, die im Tod das Ende sehen, hat Vergänglichkeit vielleicht noch einen biologischen Sinn, aber alles was darüber hinaus geht ist märchenhaft. Ein gekreuzigter Mensch bleibt ein traumatisches Schicksal. Daraus heute irgendeine Kraft zu schöpfen, sei unlogisch oder gar fatal.

Der Tod bleibt eine Herausforderung für uns Menschen. Wie sollte man auch umgehen können mit den schrecklichen Bildern, die wir momentan vor den Latz geknallt bekommen? Aber was wäre, wenn es tatsächlich nur beim Schrecken bliebe? Es wäre meines Erachtens nach eine traurige Welt. Schicksalsschläge blieben traumatisch. Unsinniges Leid würde schlicht Leid bleiben. Bei Jesu Kreuzigung wird die Bedeutung des Leids zwar nicht geschmälert, aber gerade dem unsinnigen Leid wird die Unsinnigkeit genommen. Leid wird in der christlichen Botschaft zum Temporären, zum letztlich Überwundenen. Opfer bleiben nicht Opfer, sie werden zu den Schreibern der Geschichte. Dazu passt meines Erachtens der neue Wochenspruch: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht“ (Joh. 12,24).

Eine sinngebende und gesegnete Woche wünscht euch
euer Vikar Thomas Müller