Lass dich berühren….

[07.10.2022]

„Mein Name ist Pepper, ich bin ein Roboter. Für 3 Wochen wohne ich gemeinsam mit an Demenz erkrankten Bewohner*innen im gemeinsamen Haushalt. Ich animiere sie zu Bewegungsübungen, aber auch zum Gedächtnistraining. Darüber hinaus erinnere ich sie an die Einnahme von Medikamenten und an Essen und Trinken. Meine Mimik, Gestik, aber auch meine Sprache wirken noch nicht so natürlich wie bei euch Menschen und weil sich meine Oberfläche aus kaltem Plastik nicht wie warme Haut anfühlt, werde ich auch kaum in den Arm genommen oder gestreichelt. Fragt ihr euch jetzt, ob mir das abgeht?“

Humanoide Roboter – so wie „Pepper“ – werden bereits in den unterschiedlichsten Bereichen zum Wohle der Menschen eingesetzt. Vor allem im Pflegebereich und in der Betreuung von Senior*innen können sie dazu beitragen, dass Tätigkeiten des alltäglichen Lebens verlässlich erledigt werden. Menschen, die in betreuten Wohneinrichtungen leben, ermöglichen sie beispielsweise, länger ein selbstständiges Leben zu führen. Was diese Roboter aber nicht ersetzen können, ist, die Sehnsucht jedes Menschen nach Berührung und Körperkontakt zu stillen: Eine liebevolle Umarmung, ein warmer Händedruck oder aufmunternde Worte – das tut Körper und Seele einfach gut und bleibt uns Menschen vorbehalten! Die pandemiebedingte Einschränkung von Körperkontakten und die damit einhergehende Berührungsangst haben unser körperliches und mentales Wohlbefinden über eine lange Zeit negativ beeinflusst. Fast 2 Jahre lang galt das Händeschütteln als eine eher unangebrachte Begrüßungsart, bei Umarmungen gibt es heute oftmals noch Bedenken und ein Küsschen auf die Wange darf nicht mehr allen Freundinnen und Freunden gegeben werden. Das Anfassen von Oberflächen und Gegenständen in öffentlichen Räumen ist am besten auch noch heute zu vermeiden. Letztendlich ist uns die Desinfektion der Hände inzwischen genauso geläufig geworden wie das oftmalige Händewaschen. Jedenfalls hat uns der Alltag in Zeiten von Corona schmerzlich bewusstgemacht, welch hohen Stellen- wert die gegenseitige Berührung für uns hat und zu welchen Folgen Berührungsmangel führen kann.

Immer wieder erlebe ich in meinen Gesprächen mit Menschen, die um Unterstützung und Rat bei mir anfragen, wie rasch eine Vertrauensbasis aufgebaut werden kann, wenn ich es schaffe, mich durch mein ehrliches Interesse an den geschilderten Lebensumständen von meinem Gegenüber berühren zu lassen und meinerseits dann – durch aufmunternde Worte und durch das Angebot von konkreten Hilfestellungen – Rührung bei meinen Gesprächspartner*innen auslöse. Berührung ist essenziell für unser Wohlbefinden und wir wissen heute, dass für die gesunde Entwicklung eines Babys intensiver Haut- und Blickkontakt notwendig ist. Aber auch wir Erwachsenen brauchen diese Formen der Berührung, um uns wohl in unserer Haut zu fühlen. Auf psychischer Ebene bringt ausreichend positive Berührung ein Gefühl der Sicherheit, des Vertrauens, der Verbundenheit, der Identitätsstärkung und der Kooperationsbereitschaft mit sich. Umgekehrt kann jede Berührung, wenn sie nicht gewollt ist, unangenehme bis traumatische Folgen haben.

Ist man aufmerksam und achtet (auch) auf seine eigenen Bedürfnisse, kann man auf ganz andere Weise berührt werden, als wenn man mit seinen Gedanken völlig woanders ist. Deshalb bleibt achtsam gegenüber euch selbst und euren Mitmenschen! Lasst euch „in der Seele berühren“ durch die Begegnung mit anderen Menschen, dem Kontakt mit einem Tier oder den unterschiedlichsten Beobachtungen in der Natur! Auch das Gefühl, von jemandem wirklich gehört und ernst genommen zu werden, das Hören von Musik oder das Betrachten von Kunst kann unsere Seele tief berühren. Nicht zuletzt ist es aber auch das Gebet, das unser Herz berühren kann, weil im Zwiegespräch mit Gott seine unendliche Liebe zu uns Menschen so deutlich spürbar wird!

Diakoniebeauftragte Edda Böhm-Ingram

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