(1) Fulminanter Start der Fastenaktion

[Online ab: 28.02.2023 22:37 | Letzte Änderung: 20.10.2023 12:06]

Die 32. Fastenaktion legte am 1. Abend einen fulminanten Start hin. Dem Vorbereitungsteam gelang es mit dem Kärntner Diplomaten Dr. Valentin Inzko einen exzellenten Referenten einzuladen, der die über 90 Besucher in der HTL in Hallein bei seinem Vortrag in den Bann zog.

Dr. Valentin Inzko

Der Vortragende ging auf etliche Beispiele ein, wie es in der Vergangenheit gelungen ist, Frieden zu schaffen, ohne das Waffen verwendet wurden. Es kamen aber auch Beispiele auf den Tisch, bei denen es darum ging, bereits kriegerische Auseinandersetzungen in einen (dauerhaften) Frieden zu überführen. Und natürlich nahm der aktuelle Ukraine-Krieg breiten Raum im Vortrag und in der anschließenden Diskussion ein.

Dr. Valentin Inzko war in seiner langen und erfolgreichen Berufslaufbahn u.a. Diplomat. Den Höheunkt in seiner beruflichen Laufbahn stellte seine Arbeit  als  „Hoher Repräsentant der UN“ in Bosnien und Herzegowina dar, eine Aufgabe, die er bis 2021 inne hatte. Daneben ist Dr. Inzko Obmann des Rates der Kärntner Slowenen. Ausgezeichnet wurde er u.a. mit dem Großen Silbernen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich.

Interessierte haben die Möglichkeit, den Vortrag (ohne Diskussion) in Ruhe anzuhören (Dauer: 41:26).

Wer lieber nachlesen will, dem wird nachstehend eine zusammenfassung des Vortrags angeboten.

Eine Gerechtigkeit, die zu lange dauert, ist keine Gerechtigkeit!

Wenn man verhandelt, muss man in einer Position der Stärke sein. Man braucht eine „Flotte“ im Hafen, die im Hafen vor Anker liegt, nicht gebraucht wird, aber einen starken Eindruck hinterlässt – auch wen die Flotte den „Hafen“ nie verlassen hat. Diese Position der Stärke kann eine bessere Vorbereitung sein, es können völkerrechtliche Argumente, es können moralische Argumente sein oder auch militärische Erfolge. Intzko sieht sich als Verfechter von friedensstiftenden militärischen Operationen und auch von friedenserhaltenden Operationen.

In Bosnien Herzegowina war Intzko über 16 Jahre lang tätig und konnte dort sehen, wie internationale Truppen mit über 60.000 Mann friedensstiftend tätig waren. Auch dort war ein früchterlicher Krieg im Laufen, der 100.000 Tote gekostet hat; würde das auf die Ukraine umgerechnet, würde das den Tod von 1 Million Opfer bedeuten.

Es gab in diesem Krieg unzählige Vermittlungsversuche, die alle allerdings scheiterten. Es gab sogar Pläne, die beiden Staaten, durch eine Demarkationslinie zu trennen wie am Beispiel von Nord und Südkorea.

Erst sehr spät im Jahr 1995 intervenierte die NATO, nachdem der französische Präsident Mitterand verstorben war, der zuvor einen Einsatz verhinderte. D.h. manchmal kann man Frieden mit Waffen schaffen und manchmal muss man das sogar tun. Diese These steht scheinbar im Widerspruch zum Titel des Abends „Frieden schaffen ohne Waffen“.

Frieden ohne Waffen zu schaffen ist möglich, aber nur in Ausnahmefällen, wobei es solche Ausnahmen gibt.
Eine Möglichkeit, Frieden ohne Waffen zu schaffen, sind internationale Schiedsgerichte. Solche Schiedsgerichte gibt es hundertfach, da sie Probleme in der Regel schneller lösen und das auch mit deutlich weniger Einsatz von Finanzen. Genf und Zürich zählen zu den fünf meist gewählten Schiedsgerichten in der Welt. Solche Schiedsgericht arbeiten in der Regel sehr schnell und sind schneller als zum Beispiel Gerichte in Österreich. Am Beispiel des ehemaligen Finanzministers Grasser mit einer Verfahrensdauer von über acht Jahren ist zu erkennen, dass diese Verfahren in Österreich oft viel zu lange dauern. Eine Gerechtigkeit, die zu lange dauert, ist keine Gerechtigkeit!

Schiedgerichte sind schnell(er)

Wenn Staaten ein Schiedsgericht anrufen, dann ist die Entscheidung dieses Schiedsgerichtes wirksam und ist auch eine Vollstreckung dieses Entscheides zulässig.

Der Streit zwischen Slowenien und Kroatien um die Bucht von Piran ist ein Beispiel eines gelungenen Einsatzes eines Schiedsgerichtes. Dabei ging es um den Grenzverlauf vor allem im Meer. Unter anderem ging es da auch um den Hafen Koper, der größte Hafen Europas, der sogar bedeutender ist als der Hafen in Hamburg. Zig tausende Autos werden über diesen Hafen in Richtung Asien und umgekehrt verschifft, daher war diese Seegrenze für Slowenien sehr wichtig. Nachdem über Jahrzehnte Vermittlungsversuche scheiterten, kam es nach einer Volksabstimmung zu diesem Einsatz eines internationalen Schiedsgerichtes. Das kroatische Parlament hat dann aber den Entschluss gefasst, dieses Verfahren zu beenden, aus diesem auszusteigen, nachdem vertrauliche Informationen einen Verlust beim Schiedsgericht erwarten ließen. Wobei eine Besonderheit eines Schiedsgerichtes darin besteht, dass man daraus nicht „aussteigen“ kann. Das ist ein Beispiel, wo ein solches Verfahren schief gegangen ist; aber es gibt ein Urteil und früher oder später werden die beiden Länder dieses Urteil auch anerkennen. Wie oft im Leben wird man dafür einen guten Zeitpunkt abwarten müssen. Nachdem beide Länder im Schengen-Verband sind und Grenzen deshalb facto gar nicht mehr existieren sind die Chancen dafür schon recht gut.

Ein weiteres Beispiel von Konfliktlösung ohne Waffen war der Konflikt zwischen Chile und Argentinien („Bibelkonflikt“) am „Ende der Welt“. Bei diesem Konflikt ging es um einige Inseln und um den Meereszugang für Argentinien. Vermittelt hat in diesem Fall der Vatikan, dem es gelungen ist, dass die Konfliktparteien auf Gewalt verzichten. 1984 konnte dieser Konflikt für abgeschlossen erklärt werden. Chile bekam die Inseln zugesprochen und Argentinien die vollen maritimen Rechte inkl. der Fischereirechte. Aus diesem Vertrag wurde in der Zwischenzeit ein Friedens- und Freundschaftsvertrag zwischen den beiden Ländern.

Daneben gibt es weitere Varianten, sowohl blutige als auch friedliche. Die bekannteste Variante ist wohl die zwischen den „neuen“ Staaten Tschechien und Slowakei. Diese Trennung war so friedlich, dass manche Menschen bedauern, dass diese Länder überhaupt auseinander gegangen sind. Die beiden Länder sind heute „dicke Freunde“, die bei der UNO immer gleich abstimmen und auch bei Friedensmissionen immer gemeinsam auftreten.

Friedliches Auseinandergehen ist möglich

Bereits vor mehr als hundert Jahren kam es zu einem friedlichen Auseinandergehen im Jahr 1905, als Norwegen von Schweden unabhängig wurde. Auch Finnland bekam seine Unabhängigkeit relativ friedlich, indem Russland Finnland im Jahr 1918 anerkannt hat. Aus dieser Zeit vor der Unabhängigkeit von Russland gibt es in Finnland sogar noch einige orthodoxe Kirchen.

Anders verhielt sich die Sowjetunion im Jahr 1939 zu Beginn des 2. Weltkrieges, wo Russland versuchte, Finnland zu annektieren. Die Finnen leisteten heroischen Widerstand, verloren aber bis zu 12 % des Territoriums an die UdSSR mit einem Anteil von gut 20% der Industrie Finnlands, rund 96.000 Soldaten mussten dabei sterben. Finnische Verhandler gelten seither als die härtesten Verhandler überhaupt und Finnland hat deshalb seine über 1.300 km lange Grenze zur Russland massiv geschützt. Damit will Finnland vorbereitet sein auf einen eventuellen russischen Angriff. Verstärkt werden diese Verteidigungsbemühungen durch den angepeilten Eintritt in die NATO, ein Plan, den auch die bis jetzt neutralen Schweden haben. Die erste „Anerkennung“ der Sowjetunion 1918 war friedlich, da u.a. Lenin diese Freiheit für die Finnen und deren Volksgruppen und Völker wollte.

Nach dem Ende des 2. Weltkriegs bekam Russland als „Belohnung“ für den Sieg über Hitler-Deutschland als einziges Land 3 Sitze in der UNO, einen für Russland, einen für Weißrussland und einen für die Ukraine (!), d.h. also schon damals wurde die Ukraine als „eigene“ Nation von Russland definiert.

Auch in der Ukraine geht es aktuell um ca. 17-20% des ukrainischen Territoriums. Einige Politiker sind der Ansicht, die Ukraine sollte auf einige Territorien des Friedens willen verzichten, insbesondere auf die Krim. Das wäre jedoch gegen alle Regeln des Völkerrechtes, gegen alle internationalen Verträge und auch gegen bilaterale Verträge die Russland mit der Ukraine unterzeichnet hat. Beispielhaft hier 6 solcher Verträge, die Russland schon jetzt allesamt gebrochen hat:

  1. UN-Charta
  2. Die Satzung der Vereinten Nationen, die auch von der Unverletzlichkeit der Grenzen spricht.
  3. Die „Schlussakte von Helsinki“ im Juli 1975, wo neben der Unverrückbarkeit der Grenzen u.a. auch Reisefreiheit zugestanden wurde
  4. Die „Pariser Charta für ein neues Europa“ im Jahr 1990. Auch diese spricht von der Unverrückbarkeit und Unverletzlichkeit der Grenzen.
  5. Am 2. Dezember 1991 hat Russland die Ukraine offiziell als eigenen Staat anerkannt.
  6. Das „Budapester Memorandum“ vom 2. Dezember 1994. Mit diesem Memorandum haben die Ukraine auf Atomwaffen verzichtet, von Russland haben sie im Gegenzug „Garantien für die Staatsgrenzen“ von Russland erhalten.

Daraus ist schon erkennbar, wieviel eine Unterschrift Russlands bzw. von Präsident Putin wert ist. Präsident Putin hat alle (!) Verträge gebrochen, alle, die es gibt.

Nachdem Russland keinen Zugang mehr hatte zur Schwarzmeerflotte und zu einem ordentlichen Hafen (Sevastopol) gab im Jahr 1995 es einen weiteren Vertrag mit der Ukraine, wo die Russen unterschrieben haben, dass sie in Sevastopol – in der Ukraine – ihre Flotte weiter behalten dürfen. Auch damit haben sie die Ukraine als eigenen Staat anerkannt.

Trotz aller bilateraler und internationaler Verträge sind die Russen schon im Jahr 2014 in der Krim einmarschiert, ein „Spaziergang“, der in 1-2 Wochen vorbei war. Die russische Armee wurde mehr oder weniger freundlich begrüßt und die Ukraine überrumpelt. Noch früher, im Jahr 2008 hat Russland bereits einen Teil von Georgien unrechtmäßig besetzt, die internationale Gemeinschaft hat da zugesehen und so gut wie nicht reagiert – dabei ging es um Prinzipien. Es kann und darf nicht sein, dass ein Land einfach sich an anderen Ländern „bedient“. Trotz dieser Perspektiven wurde mit Angela Merkl die Nordstream2-Pipeline geplant und über die Okkupation der Krim hinweg geschaut. Es muss daher nicht verwundern dass Putin gemeint hat, es geht auch dieses Mal locker und schnell mit der Besetzung der Ukraine. Bezeichnend dafür die Tatsache, dass bei russischen Soldaten, die in Gefangenschaft gerieten, „Paradeuniformen“ für eine Siegesparade und so gut wie kein Proviant gefunden wurden. Übersehen hat Putin allerdings, dass die Ukraine aus der Krim-Besetzung gelernt und in den 9 Jahren seither massiv aufgerüstet haben. Das führte dazu, dass der Vormarsch der Russen gestoppt werden konnte. So gelang es der Ukraine, die furchterregende 60 km lange Panzerkolonne der Russen erfolgreich anzugreifen und ihnen schwere Verluste zuzufügen. Auch die Einnahme eines Flughabens nahe Kiew durch Fallschirmjäger konnte abgewehrt werden. Trotzdem ist es Russland gelungen, viele Gebiete zu erobern, die aber zum Teil von der Ukraine rückerobert werden konnten.

Das Märchen von den Nazis in der Ukraine

Die „Entnazifizierung der Ukraine“ gilt laut Putin ja als Rechtfertigung für diesen Krieg, was aber einfach gelogen und gegen alle Fakten ist. Vermutlich haben die Russen im ersten Kriegsjahr nicht einen Nazi gefunden, und selbst wenn es dort Nazis bzw. rechtsextreme Personen gibt – so 1-2% gibt es überall – wäre das eine Sache der Gerichte der Ukraine und ganz sicher nicht der Russen. Paradox wird diese „Begründung“ mit der Tatsache, dass der Präsident der Ukraine, Selensky, selbst Jude ist und einige seiner Verwandten sogar beim Holocaust umgekommen sind. Alles in Allem ein sehr schwaches Argument für einen Krieg. Putin wollte die Ukraine auch de-ukrainisieren mit der Behauptung, die Ukraine wäre kein wirklicher Staat, die Ukrainer wären kein richtiges Volk und ukrainisch keine richtige Sprache. Das mag alles stimmen, ist aber trotzdem keine Rechtfertigung für Krieg. Wie wäre es dann zB. mit Argentinien, das keine eigene Sprache hat (dort wird spanisch gesprochen)? Das alles ist doch kein Argument, dass ein Land in ein anderes einmarschiert und behauptet, das ist unser Territorium und wir wollen euch wieder zurückführen in die Sowjetunion. Die Ukrainer wollen das aber nicht, sie wollen nicht leben wie in Sibirien, sie wollen „westlich“ leben. Das hat Putin massiv gestört, denn Meinungsfreiheit, freie Zeitungen freie Fernsehsender, freie Internet, das alles will er für „seine“ Bevölkerung nicht.

Auch die Behauptung, die Krim wäre immer russisch gewesen, ist nicht haltbar. Die Krim war einmal russisch, einmal ottomanisch, einmal tartarsich, einmal war sie griechisch (viele griechische Städtenamen verweisen heute noch auf diese Zeit und es gibt auch eine griechische Minderheit). Dieses historische Argument könnte auch Deutschland verwenden und Königsberg zurückverlangen. Österreich könnte Südtiol zurückverlangen, Orban Teile von Rumänien usw. Was wäre dann das Ergebnis: Chaos auf der ganzen Erde.

Ein positives Beispiel ist Tirol mit Nordtirol, Osttirol und Südtirol, es gibt um keinen Millimeter geänderte Grenzen und es ist trotzdem eine Region, mit einer gemeinsamen Währung (so wie früher in Österreich-Ungarn), diese Art der Gemeinsamkeit ist die Zukunft, damit Streitereien um Quadratkilometer überwunden werden. Ggfs. muss man Minderheiten einfach größere Rechte geben.

Wie kann man einen Krieg beenden?

Kriege enden natürlich, wenn einer aufhört, so wie bei einem Streit in der Familie. Dort endet Streit auch dann, wenn einer aufhört – am besten der, der den Streit begonnen hat.

Kriege können aber auch enden, wenn der Schwächere aufhört. Das klingt aber nach Kapitulation.

Kriege enden auch, wenn die politische Macht der Machthaber bedroht ist. Dieser Punkt ist in Russland noch nicht erreicht. Wenn es soweit ist, wird Putin den Druck in Moskau spüren, nicht in der Ukraine. Er wird dann aufhören, wenn „zu Hause“ die Bedrohung bzw. der Druck zu groß wird. Oder auch dann, wenn er das Risiko einer Niederlage sehen wird, dann wird er verhandeln.

Die Suche nach einer Einigung kann aber erst beginnen, wenn der verlustreiche Krieg „reif“ ist. So muss auch die Zeit für Verhandlungen „reif“ sein (Wiliam Zartmann, Konfliktforscher), dieser Moment ist derzeit noch nicht gekommen.

Der Krieg kann auch enden bei einer verlustreichen und für beide Seiten aussichtslosen Pattsituation – wie bei einem Schachspiel, wenn keiner mehr die Partie gewinnen kann. In diesem Fall besteht aber auch die Möglichkeit, dass die Ukraine weiter kämpfen würde, denn es geht ja um ihre Heimat. Der geläufige Satz stimmt schon: „Wenn Russland den Krieg verliert, hat es den Krieg verloren. Wenn die Ukraine den Krieg verliert, hat es die Ukraine verloren.“ Deshalb wird die Ukraine auch nicht aufhören, wenn es zu einer Pattsituation kommt. Schon Napoleon sagte einmal: „Jemand der die Heimat verteidigt, ist dreimal stärker als der Angreifer.“

Atommacht Russland

Oft wird behauptet, dass eine Atommacht einen Krieg nicht verlieren kann. Dem ist nicht so. Atommächte haben schon etliche Kriege verloren:

  • Die Sowjetunion in Afghanistan
  • Der erste Krieg Russlands gegen die Tschetschenien (den zweiten Krieg aber haben sie gewonnen)
  • Frankreich hat Algerien verloren, obwohl seit 1960 Atommacht
  • Die Briten konnten nicht verhindern, dass das britische Empire zerfällt

Der Einsatz von Atomwaffen in der Ukraine wird Russland nicht den Krieg gewinnen lassen, es wäre aber ein enormer Schlag gegen den Status Russlands. Russland würde dann wohl auf den Status von Nordkorea oder noch schlimmer abrutschen.

Putin darf auch deshalb nicht gewinnen, weil es ein weltweites Signal wäre, dass die Macht stärker ist als das Recht. In einer zivilisierten Gesellschaft muss das Recht stärker sein als die Macht (oder das Militär). Putin kann nicht mehr gewinnen, das ist allen klar. Er darf aber auch nicht verlieren, denn dann wäre auch er weg, wenn er den Krieg verlieren würde. Putin darf nicht verlieren, kann aber auch nicht gewinnen. Deshalb darf man die Ukraine nicht entmutigen und darf auch Russland nicht ermutigen! „Am Dnjepr-Fluss messen die Despotie und die Demokratie ihre Kräfte“, so der französische Präsident Macron in einer Äusserung. „Wir müssen von einer stabilen Weltordnung ausgehen, und wenn Russland den Krieg gewinnt, gibt es diese Weltordnung nicht mehr“, so ebenfalls der französische Präsident.

Wenn es einmal zu Verhandlungen kommen wird – und jeder Krieg ist mit Verhandlungen zu Ende gegangen – werden die Ukraine natürlich verlangen die Rückgabe der besetzten Gebiete, die Rückkehr der vertriebenen Ukrainer, die Gründung eines internationalen Strafgerichtshofes wegen der Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Sie werde Reparationszahlungen verlangen, denn ein großer Teil des Landes besteht nur mehr aus Ruinen. Und da stellt sich die grundsätzliche Frage: Welches Recht haben die Russen (selbst wenn sie irgendwelche historischen Rechte hätten), Spitäler, Kindergärten, Theater usw. zu zerstören bzw. ganze Städte zu zerstören? Und ebenfalls verlangen wird die Ukraine eine Präsenz der NATO, wenn nicht überhaupt eine Mitgliedschaft. Denn die Ukraine wird russischen Unterschriften und Garantien aus Erfahrung nicht mehr glauben.

Zum Ende ein christlicher Ansatz.

Pastoralassistentin Andrea Leisinger von der r.k. Stadtpfarre Hallein führte souverän durch den gelungenen Abend

Auch wenn es sich bei de Kriegsparteien um verschiedene Gruppierungen handelt, sind ja doch alle „Christen“. Christus hat gesagt, dass auf das Prinzip „Auge um Auge“ etwas anderes folgen soll. In der Bergpredigt hat er gesagt, „wenn jemand auf deine rechte Wange schlägt, so wende ihm auch die andere Wange zu“. Das ist aber nicht alles. Im Johannes-Evangelium reagiert Jesus beim Kreuzweg folgendermaßen: „Wenn es nicht recht war, was ich gesagt habe, dann weise es nach! Wenn es aber recht war, warum schlägst du mich?“. Genau das kann auch jeder Ukrainer sagen, der angegriffen wird. Das wäre wohl der christliche Ansatz, denn wir können ohnehin nicht tolerieren, warum unsere Brüder und Schwestern sterben, nur weil jemand so wahnsinnig war und den Krieg begonnen hat. Am Ende wird es hoffentlich so weit sein, dass wir alle sagen werden können „Der Friede sei mit dir!“ – auch unter den Orthodoxen, unter den Christen, damit wieder eine Brüderlichkeit aufkommt zwischen dem ukrainischen und dem russischen Volk. Das wird sehr sehr lange dauern, vielleicht 100 Jahre, aber vielleicht wird auch dieser Augenblick kommen.

Der Friede sei mit euch!

Dr. Valentin Inzko (zusammengefasst von Helmut Meisl)