[11.03.2025]

Vom Unterschied zwischen Hungern und Fasten
Armut setzt sich stets ins Verhältnis. Sie manifestiert sich in reichen Ländern anders als in Burundi. Menschen, die hierzulande von 900 € im Monat leben müssen, hilft es wenig, dass sie mit diesem Geld in Burundi gut auskommen könnten. Die Miete ist hier zu zahlen, die Heizkosten hier zu begleichen und die Kinder gehen hier zur Schule. Deshalb ist es mehr als sinnvoll, die Lebensverhältnisse in den konkreten Kontext zu setzen. Armut ist ein Verhältniswort.
Armut ist das Leben, mit dem niemand tauschen will. Hier geht es nicht um freiwillig gewählte Armut wie sie z.b von Mönchen oder Asketen praktiziert wird. Freiwillig gewählte Armut braucht einen Status, der den Verzicht zur Entscheidung erhebt. Armut ist nicht nur ein Mangel an Gütern, sondern auch an Möglichkeiten. Wir alle wünschen uns ausreichende Handlungsspielräume. Nur wenn wir diese Spielräume haben, können wir uns die Freiheit nehmen zu verzichten. Armutsbetroffene leben in einer „beengten Welt“, sie ringen um den Gestaltungsraum, den sie zum Überleben brauchen. Den Unterschied zwischen Hungern und Fasten macht die Freiheit.
Zum Referenten des Abends
Mag. Martin Schenk: Sozialexperte, Stv. Direktor der Diakonie Österreich, Psychologe. Mitinitiator von „Die Armutskonferenz“, „Hunger auf Kunst und Kultur“, SozialrechtsNetz, „Frühe Hilfen“, Autor mehrerer Bücher.
Beitragsbild: Mag. Brigitte Längle-Pollhammer