[16.03.2021]
Ein Jegliches hat seine Zeit und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde: Geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit“. (Prediger 3)
Vor einigen Wochen noch haben wir in der Kirche Weihnachten gefeiert. Auf Grund der Einschränkungen des kirchlichen Lebens danach ist die Ungewissheit groß, wie wir dieses Jahr den Karfreitag und das Osterfest begehen werden. Das letzte Jahr mag zwar vergangen sein, aber neben dem Coronavirus scheint uns auch die Unsicherheit geblieben zu sein. Ich habe es mittlerweile nicht mehr im Kopf, wie viele Gottesdienste und Veranstaltungen seit letztem Jahr kurzfristig abgesagt, verschoben oder in der Form verändert werden mussten.
Bevor dieses Virus die Welt in Atem hielt, ist mir der Satz „Sicher ist nur der Tod“ öfters untergekommen. Meist wurde er von Menschen getätigt, die insgeheim vermutlich hofften, mir damit meinen Glauben streitig machen zu können. Diesen Satz habe ich in letzter Zeit aber vermisst. Wahrscheinlich deshalb, weil er im Anbetracht der Situation selbst für die Verunsicherer zu düster sein dürfte. Zudem ist er auch noch falsch: Wer sterben kann, muss zuvor erst einmal geboren werden. Eine Kausalität lässt sich nicht auseinanderdividieren. Das wichtigste befindet sich aber zwischen diesen beiden „Sicherheiten“: Das Leben. Zwischen geboren werden und sterben befindet sich eine Lebensspanne, die gelebt werden will. Eine Lebensspanne, die Gott jedem einzelnen Lebewesen individuell schenkt.
Wie soll man aber das eigene Leben in der jetzigen Situation leben? Sollte man mit ermunternden Sätzen nicht warten, bis die Beschränkungen vorüber sind, bis die bedrückende Zeit ein Ende hat und wir alle wieder tun und lassen können, was uns beliebt? Wenn man ehrlich ist, dann konnten viele von uns vor der Pandemie auch nicht alles tun und lassen, wonach ihnen der Sinn stand. Mir ging es zumindest so.Wie aber soll man mit den Lockdowns umgehen? Ist es eine Zeit, die man irgendwie überstehen muss, die man so schnell wie möglich hinter sich bringen sollte? Nein. Denn es besteht die Gefahr, dass man immer mehrere Lebenslagen sonst „irgendwie überstehen“ möchte. Die Lebensspanne könnte dann sehr kurz werden, wenn man sie nur rasch hinter sich bringen möchte.
Um nicht in dieses Fahrwasser zu geraten, widmen wir uns in dieser Ausgabe des Gemeindebriefs den Themen Leben und Lebensqualität. Wir fragen nach Lebensphilosophien oder alternativen Sichtweisen zum Leben. Und wir beschäftigen uns mit unserem Glauben. Denn sicher ist der Tod keinesfalls. Der Stachel des Todes ist gezogen worden und das Licht der Auferstehung erhellt unser Leben. Die individuelle Lebensspanne muss nicht „irgendwie überstanden“ werden, sondern das eigene Leben will gelebt werden im Vertrauen darauf, dass es nach dem Tod weitergeht. Wir werden geboren, wir werden sterben, wir werden leben – Krippe, Kreuz und Leben.
Ich wünsche euch viel Lebensfreude und Gottes Segen,
Euer Vikar Thomas Müller
Der Gemeindebrief zum Herunterladen
gemeindebrief_ostern_2021