Verantwortung für die Schöpfung Gottes

[19.04.2022]

Menschen haben sich immer schon gefragt: Wie war das ganz am Anfang, wie ist diese Welt entstanden?

Am Anfang der Bibel sind uns zwei Erzählungen überliefert, in denen die Menschen des Volkes Israel ihren Glauben an uns weitergegeben haben. Für sie ist ganz klar: Der eine Gott, auf den sie vertrauen und der sie und ihre Vorväter und -mütter geführt hat, ist auch der Schöpfer der ganzen Welt.

Er hat alles sehr gut geschaffen und dem Menschen anvertraut. Den hat Gott als Gegenüber, als Spiegelbild zu sich selbst erschaffen, damit er sich um Gottes wunderbaren Garten kümmern kann.

So lesen wir in 1.Mose 2,15: „Und Gott der Herr, nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte.“ Im zweiten Schöpfungsbericht wird ausführlich erzählt, wie Gott zuerst Licht, dann Himmel und Erde, Pflanzen, die Gestirne und die verschiede- nen Tiere erschafft. Am Schluss wird dann der Mensch, werden Mann und Frau erschaffen und ihnen sagt Gott zu:

„Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machtet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Getier, das auf Erden kriecht. Und Gott sprach: Sehet da, ich habe euch gegeben alle Pflanzen, die Samen bringen, auf der ganzen Erde, und alle Bäume mit Früchten, die Samen bringen, zu eurer Speise… Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.“ (1.Mose 1,28-31)

Diese Sätze sind immer wieder so verstanden worden, dass dem Menschen die Erde und die Tiere zur grenzenlosen Ausbeutung zur Verfügung gestellt worden sind – und wir Menschen haben bis jetzt viel dazu beigetragen, die Erde mit ihrer sensiblen Flora und Fauna zu zerstören, das fragile Klima aus dem Gleichgewicht zu bringen und viele Tierarten auszurotten.

Doch ich vermute hier einen groben Lese- bzw. Verstehensfehler!

Der Mensch als Geschöpf, ja Ebenbild Gottes ist aufgerufen, so wie Gott sich um Gottes Schöpfung zu kümmern, sie zum Guten für alle weiterzuentwickeln. Dabei geht es immer auch um die Bewahrung und das Beschützen der schwächeren Lebewesen, nicht um deren Ausbeutung. Spannend finde ich, dass der Mensch nur pflanzliche Nahrung zu sich nehmen soll, also ein Vegetarier ist.

Doch der Mensch in seiner ihm von Gott geschenkten Freiheit hat von Anfang versucht, seine Grenzen auszutesten, zu erweitern.

Er wollte nicht nur Stellvertreter und Geschöpf Gottes, sondern selber Gott sein.

Im Grunde erzählt die ganze Bibel von diesem Ringen des Menschen mit sich und Gott, und wie er dabei immer wieder sich selbst beschädigt, andere Menschen diskriminiert, ja tötet und Pflanzen und Tiere ausbeutet – bis heute.

Bald reicht es Gott und er beschließt, die ganze Welt zu vernichten. Doch dann ist seine Geduld, seine Liebe doch stärker als sein Vernichtungswille.

Mit der Arche Noah überleben die vielen verschiedenen Tiere und auch die Gattung Mensch. Gott ist sehr wohl bewusst, dass der Mensch immer auch wieder auf Abwege geraten wird, aber er verspricht: „Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um des Menschen willen… Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“ (1.Mose 8,21-22)

Und so erzählt die ganze Bibel auch vom Ringen Gottes mit dem Menschen, von seinem mal ermahnenden, mal liebenden Werben, um seinen sehnlichen Wunsch, den von ihm geschaffenen Menschen zur Vernunft zu bringen und für die Bewahrung seines Schöpfungswerkes zu gewinnen – nicht mit Zwang, sondern mit Liebe und Geduld, eben wie ein Vater, eine Mutter sich um ihre Kinder bemüht, auch wenn die immer wieder auf Abwege geraten.

Ich wünsche mir, dass ich immer wieder neu Gottes liebendes Werben wahrnehme und dass ich neu lerne, auf seine Worte zu hören. Das möge mir Kraft geben, nicht nur auf mich und mein Wohlergehen zu schauen, sondern auch meine Mitmenschen im Blick zu haben und mich dafür einzusetzen, dass Tiere und Pflanzen geschützt werden, dass das Klima sich nicht weiter verschlechtert und Gottes gut geschaffene Welt auch gut bleibt – jetzt und für kommende Generationen.

Deshalb finde ich es gut, dass wir heuer (und auch in den kommenden Jahren) das Jahr der Schöpfung begehen und uns unserer Verantwortung bewusst sind oder wieder neu bewusst werden.

Das denkt
Euer Pfarrer Peter Gabriel