Sonntagsgruß für 05.04.2020

[2020-04-03]

Palmsonntag

Liebe Mitglieder unserer Halleiner Pfarrgemeinde! Ihr Lieben!

Vor meinem inneren Auge entsteht das Bild vom Palmsonntag 2019! Mit Palmbuschen oder –zweigen in der Hand sind wir mit vielen Kindern durch unsere Kirche gezogen und haben gesungen „Jesus zieht in Jerusalem ein“ (EG 314).

Dieses Jahr wird es einen anderen, ungewohnten Palmsonntag geben, aber ich hoffe, ihr habt trotzdem Palmzweige bei euch daheim, könnt einstimmen in das Lied und auch in dieser beunruhigenden Corona-Zeit „Hosianna“ singen.

Gerade in Zeiten, wo es mir nicht so gut geht, ist doch die tröstliche Botschaft dieses Sonntags: Jesus kommt zu mir, er ist auch mein Retter, mein Erlöser! Denn als den emp-fangen und bejubeln ihn ja die Menschen damals. So will ich mich einreihen in die Menge derer, die voller Hoffnung auf diesen Jesus schauen, die mit ihm mitgehen, hinein in die Stadt – einen Weg, der zum Kreuz, in den Tod führt, aber auch zum neuen Leben, zur Auferstehung… Ja, mit Palmsonntag stehen wir am Beginn der Karwoche.

Das macht auch der Predigttext deutlich, in dem eine nicht mit einem Namen benannte Frau Jesus auf ganz besondere Weise ehrt. Markus erzählt:

„Und als Jesus in Betanien war im Hause Simons des Aussätzigen und saß zu Tisch, da kam eine Frau, die hatte ein Alabastergefäß mit unverfälschtem, kostbarem Nardenöl, und sie zerbrach das Gefäß und goss das Öl auf sein Haupt. Da wurden einige unwillig u. sprachen untereinander: Was soll diese Vergeudung des Salböls? Man hätte dieses Öl für mehr als dreihundert Silbergroschen verkaufen können und das Geld den Armen geben. Und sie fuhren sie an. Jesus aber sprach: Lasst sie! Was bekümmert ihr sie? Sie hat ein gutes Werk an mir getan. Denn ihr habt allezeit Arme bei euch, und wenn ihr wollt, könnt ihr ihnen Gutes tun; mich aber habt ihr nicht allezeit. Sie hat getan, was sie konnte; sie hat meinen Leib im Voraus gesalbt zu meinem Begräbnis. Wahrlich, ich sage euch: Wo das Evangelium gepredigt wird in der ganzen Welt, da wird man auch das sagen zu ihrem Gedächtnis, was sie getan hat.“ (Markus 14,3-9)

Die Erzählung von der Salbung Jesu rührt mich an! Ich denke daran, wie meine Mama mich als Kind gebadet und eingeseift hat oder mich jetzt ein Masseur mit wohl riechendem Öl einreibt – ja, das tut gut! Ich kann das sehr genießen – wie Jesus damals auch. Es braucht Empathie und Feinfühligkeit, um einen anderen Menschen einzureiben und etwas Gutes zu tun. Jesus lässt die Frau ganz nah an sich heran, sie berührt ihn, seine Haut.

Unsere Haut ist ein sehr empfindsames, sensibles Organ! Wie schön, wenn mich jemand streichelt! Auch einem Menschen, der im Sterben liegt, tut das gut, denn die Haut ist neben den Ohren das letzte Sinnesorgan, das keine Signale mehr sendet. Aber meine Haut ist auch verletzlich. Ich schütze mich durch Kleidung, jetzt auch durch Mundschutz, denn leider nimmt meine Haut auch Viren auf…

So berührt mich in dieser Zeit der Distanz, wo ich Abstand halten muss, geliebte Menschen nicht in den Arm nehmen oder streicheln darf, die biblische Geschichte um so mehr.

Gerade in der Zeit der Einschränkung wird mir bewusst, in welchem Überfluss ich sonst lebe, wie gut es mir geht. Aber auch jetzt gibt es so Vieles, an dem ich mich freuen kann, was mir – einfach so – geschenkt wird: die aufblühende Natur, das Zwitschern der Vögel, das freundliche Grüßen der Menschen, dass ich genug zu essen habe, dass andere sich um mich sorgen und nach mir fragen… Und ich erkenne neu, wie wichtig es ist, dem jetzt Not-wendigen, dem, was dran ist, Raum und Zeit zu geben, im Leben und Alltag die richtigen Prioritäten zu setzen.

Genau das tut diese Frau: sie lässt ihren Gefühlen, ihrer Intuition freien Lauf, sie verschenkt nicht nur das wertvolle Öl (wohl das Jahreseinkommen eines Fischers oder Bauern damals), sie stört sich nicht an denen, die ihr Handeln kritisieren (die gibt es ja immer, die kommen-tieren, kritisieren und alles besser wissen…), sondern sie schenkt Jesus ihre Berührung, ihre Zuneigung, ihre Liebe! Und handelt damit genauso wie Jesus selber, der Menschen damals und auch mich heute mit seiner und der Liebe Gottes beschenkt hat – einfach so!

Salbung mit Öl bedeutet damals zweierlei: David wurde vom Propheten Samuel zum König gesalbt und Tote wurden vor der Grablegung mit Öl einbalsamiert. Mit ihrer Tat, an die wir uns bis heute erinnern, bekennt die Frau Jesus als den König, den Messias. Er ist für sie der Gesalbte, auf Griechisch der Christus! Zugleich weist ihre Tat auf seinen baldigen Tod und seine Auferstehung voraus. Sie vollzieht das Liebeswerk an dem Tod Geweihten, das die Jüngerinnen Jesu am Ostermorgen nicht mehr vollziehen konnten…

So blitzt das Ostergeschehen schon in dieser Geschichte auf, gibt mir Hoffnung in dunklen Zeiten. Ja, der für den Tod Gesalbte ist der Messias, der Herr der Welt!

Und wie heute die Krankenschwestern und Verkäuferinnen im Supermarkt waren es auch zur Zeit Jesu die Frauen (unterm Kreuz, am Grab…), die durch ihr Handeln, ihr Dasein, ihr Ausharren Leben ermöglicht und an den Sieg des Lebens geglaubt haben.

Diese und viele andere Frauen und Menschen sind mir Vorbild, was es heißt, selbstlos als Christ zu leben und Liebe weiter zu schenken. Sie machen mir Mut, heute zu erkennen, was dran ist, was in meinem Leben Vorrang haben soll.

Und sie weisen mich auf den einen hin, der auch mich mit seiner selbstlosen Liebe meint und mir Kraft gibt, Durststrecken durch zu stehen und für andere da zu sein.

So grüße ich euch zum Palmsonntag – wieder mit einem Abendsegen von Iris Haidvogel:

Gott segne den Platz, der für mich freibleibt, den Menschen, der auf mich wartet, das sonnige Bankerl, das nach mir ruft, die leere Kirchenbank, die sooft mein Platz war am Sonntag. Gott segne den Raum in mir, den ich jetzt für dich frei mache, damit ich auch höre,

was du mir versprichst, wenn du mir zusagst: Fürchte dich nicht! Auch wenn ich Angst habe, alleine bin, erschöpft und verloren, will ich dich hören, will ich dir Raum schenken, setz dich zu mir, es ist noch Platz, segne mich, Gott!

Euer Peter

 

Zum Abschluss gebe ich euch noch ein Lied mit auf den Weg, dass Menschen in unserer Gemeinde sehr wichtig sind, ein Lied, dass den „Faden der Lebensweisheit, der Hilfe, des Trostes“ darstellt, ein Lied, das sie auf ihrem ganzen Lebensweg begleitet.

Vielleicht mögt ihr es in den kommenden Tagen meditieren oder singen:
„Wer nur den lieben Gott lässt walten“ (EG 369,1-2+7)

Was helfen uns die schweren Sorgen?
Was hilft uns unser Weh und Ach?
Was hilft es, dass wir alle Morgen
beseufzen unser Ungemach?
Wir machen unser Kreuz und Leid
nur größer durch die Traurigkeit.

Sing, bet, und geh auf Gottes Wegen
verricht das Deine nur getreu
und trau des Himmels reichem Segen
So wird er bei dir werden neu.
Denn welcher seine Zuversicht
auf Gott setzt, den verlässt er nicht.

 


Darauf will ich vertrauen: Gott ist da auch in diesen schwierigen, belastenden Zeiten! Er verlässt mich und uns nicht! Ihm will ich mich anvertrauen und auf ihn hoffen!

Und so will ich weiter meinen Weg gehen, mein Tagwerk, meine Aufgaben verrichten, mich im Gebet an Gott halten und auf seinen reichen Segen hoffen!